Brandenburger Beerenobsttag 17.02.2022 mit 3. branko Seminar – Ein Bericht

Am 17.02.2022 fand im Rahmen des Brandenburger Beerenobstbautags 2022 das dritte Seminar des Projektes Brandenburger Netzwerk für Klimaanpassung im Obstbau „branko“ statt. Wegen der aktuellen pandemischen Lage wurde die Veranstaltung online durchgeführt. An dieser Stelle möchten wir uns beim Gartenbauverband Berlin-Brandenburg für die sehr gelungene Organisation und Unterstützung bedanken. Moderiert wurde der Brandenburger Obstbau Tag von Dr. Andreas Jende (Geschäftführer Gartenbauverband Berlin-Brandenburg e.V.)

Christoph Frehn eröffnete die Veranstaltung mit einem kurzen Überblick über den Brandenburger Beerenobstanbau.

Ulrike Holz (LELF) erläuterte die Probleme mit der Kirschessigfliege im Brandenburger Beerenobst. Die KEF ist seit 2012 in Brandenburg, 2020 war das bisher befallsstärkste Jahr währen in 2021 mit stärker ausgeprägtem Winterfrost und einem kühlen Mai weniger KEF vorhanden waren. Um rechtzeitig gewarnt zu werden verwies Frau Holz auf die SIMKEF Anwendung auf dem ISIP Portal. Hier können Obstbauern ihre Schläge registrieren und bekommen Prognosen für Süßkirschen, Him-, und Brombeeren über die Populationsdynamik der KEF und die Phänologie der Kultur. Weiterhin ist darauf zu achten, dass bei frühen Kulturen, wie z.B. Haskap, keine Brutstätten für die KEF entstehen. Maßnahmen wie eine Einnetzung sollten nur bei Neuanlagen vorgenommen werden, da die KEF im Boden überwintert und so beim nachträglichen Einnetzen unter dem Netz gefangen sein können. Anschließend wurde die Sanddornfruchtfliege vorgestellt. Diese geht bevorzugt auf großfruchtige Sanddornbeeren. Von der Hagebuttenfruchtfliege gibt es einmal die heimische Rhagoletis alternaria, über die wenig bekannt ist. Zum anderen gibt es die aus Südeuropa stammende Carpomya schineri, die das Fruchtfleisch zerstört und zu Sekundärinfektionen wie Schimmelbildung führen kann. Gegen den Johannisbeerglasflügler können bei großen Flächen und mäßigem Befall Pheromone zur Verwirrung eingesetzt werden oder Saftfallen ausgebracht werden. Die Weißdorn Gespinstmotte kommt ebenfalls aus dem Süden und geht auf Aronia. Im Bioanbau können Bacillus thuringiensis Präparate angewendet werden.

Dr. Schlegel (LLG Quedlinburg) stellte die Kultur der Kiwibeere vor. In Quedlinburg werden acht Sorten im Anbau geprüft. Ein großes Problem sind Spätfröste. Die Kiwibeeren treiben bereits im März aus, wenn dann die Blüten durch Spätfrost absterben, wird ein zweiter Austrieb gebildet, der allerdings keine Blüten mehr bildet. Während die Anbauform im Joch vor Sonnenbrand schützt, gestaltet sich die Handhabung am Spalier einfacher. In Quedlinburg hat sich gezeigt, dass am untersten Spalier meist spätfrostbedingt wenig Ertragsbildung stattfindet. Eine höhere Führung könnte daher förderlich für die Ertragssicherheit sein. Es wurden verschiedene Sorten getestet, unter denen vor allem ‚Fresh Jumbo‘ und ‚Molli‘ mit hohen Erträgen (ca. 5 kg/Pfl.) hervorstachen. Der zweite Teil des Vortrags drehte sich um die Haskap Kultur. Der Markt für die Haskap entwickelt sich gerade und neue Sorten werden entwickelt. Die Blüten entwickeln sich an zweijährigen Trieben und sind bis zu -10 °C Frosthart. Wegen der frühen Blüte ist der Einsatz von Wildbienen und Hummeln zwingend erforderlich für eine erfolgreiche Kultur. Auch sollten Maßnahmen zum Schutz vor Vogelfraß ergriffen werden und ausreichend bewässert werden. Übermäßige Schnittmaßnahmen, wie 2018 in Quedlinburg, führen zu einer schwachen Ernte im Folgejahr. Generell sollte die ersten 5-7 Jahre nicht geschnitten werden. Im Sortentest hatten ‚Blue Velvet‘ und ‚Eisbär‘ die höchsten Erträge.

Jakob Kunzelmann stellte das Projekt Brandenburger Netzwerk für Klimawandel im Obstbau (branko) vor und erläuterte den Stand des Projektes. Anschließend wurde kurz auf die Entwicklung des geschützten Beerenobstanbaus eingegangen und die klimatischen Verhältnisse von Standorten der nachfolgenden Vortragenden wurden vorgestellt. Sowohl Geisenheim, als auch Weinsberg sind im Durchschnitt ca. 1 °C wärmer als Brandenburg und geben so einen Ausblick in die Zukunft der klimatischen Bedingungen.

Gunhild Muster von der LVWO Weinsberg stellte die Vorteile des geschützten Anbaus heraus und ging auf die Besonderheiten und Einflüsse des Klimawandels ein. Am Versuchsgut Heuchlingen wurden verschiedene Substrate für Sommerhimbeeren in Topfkutur getestet. Unter anderem wurden Miscanthus, Kokosfaser und Kompost in Kombination mit Miscanthus, sowie einige Mischungen mit Weißtorf untersucht. Bei der Variante mit 100% Miscanthus war die Wurzelbildung nicht ausreichend vorhanden. Es konnten allerdings keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Ertrag und Fruchtgröße festgestellt werden, was zu der Aussage führte, dass eine Reduktion des Torfeinsatzes möglich ist. Dabei sollte die Kulturführung, insbesondere in Hinblick auf die Bewässerung, angepasst werden. Anschließend wurden anhand von Beispielrechnungen verdeutlicht, welchen Einfluss das Fruchtgewicht auf die Pflückleistung und damit auch auf die Erntekosten hat.

Dr. Erika Krüger, ehemals Hochschule Geisenheim, stellte das europäische Projekt GoodBerry und den damit gewonnenen Erkenntnissen im Beerenanbau vor. In Ihrem ersten Vortrag, setzte Sie den Schwerpunkt auf die Dormanzerfüllung und Blütenbildung bei Erdbeeren. Auch Erdbeeren blühen im Zuge der Klimaerwärmung früher im Jahr. Der Blühbeginn der Kurztagspflanze ‚Elsanta‘ verfrühte sich z.B. von Ende April (1998) auf Anfang April. Dabei ist der Blühbeginn abhängig von Temperatur und Tageslänge im Spätsommer und Herbst. Je nach Sorte benötigt die Induktion der Blütenanlagen eine Tageslänge von 10-14 Stunden bei Temperaturen von 9 – 14 °C. Wenn eine kritische Temperatur von 9 °C unterschritten wird, ist die Blütenanlage abgeschlossen. Anhand der unterschiedlichen Standorte im GoodBerry Projekt, Süd-Norwegen, Süd-West Frankreich und Geisenheim wurden die Tageslängen und Temperaturen, die zur Blütenanlage und -differenzierung benötigt werden, anschaulich dargestellt und erläutert. Wenn der September, wie im Herbst 2014, zu warm war, werden zu viele Blüten angelegt und die Qualität wird schlechter. Himbeeren benötigen nicht ganz so niedrige Temperaturen um Blüten anzulegen. Temperaturen müssen zwingend unter 18 °C sinken sonst ist keine Blütenanlage möglich. Ideal sind Temperaturen unter 15 °C und Tageslängen unter 15 Stunden über 3 Wochen hinweg.  Johannisbeeren haben einen noch weiteren Temperaturbereich von 9 – 24 °C zum Anlegen der Blütenknospen, welcher sehr Sortenabhängig ist. Hier können auch zu hohe Maximaltemperaturen im Sommer zu reduzierter Blüte führen.  

In Ihrem zweiten Vortrag erläuterte Frau Krüger den Vorgang der Dormanz und den Einfluss des Klimawandels. Die Dormanz wird durch abnehmende Tageslängen und/oder Temperatur eingeläutet. Durch den Klimawandel erhöht sich die Durchschnittstemperatur, die Tageslängen hingegen bleiben an den jeweiligen Standorten gleich.  Auch bei der Dormanz spielen sortenabhängige Unterschiede eine Rolle. Die Dormanz ist bisher wenig erforscht und hängt von einer Reihe von Umweltfaktoren ab. Dadurch kann die Dormanz von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfallen. Warme Temperaturen im Herbst, die durch den Klimawandel häufiger werden, führen zu einem intensiveren Zustand der Dormanz. Dadurch sind mehr Kältestunden erforderlich und ein verspäteter, nicht synchroner Knospenaufbruch im Frühjahr ist die Folge. Bei Erdbeeren wird der Eintritt in die Dormanz von abnehmenden Tageslängen in Kombination von Temperaturen über 15 °C gesteuert.  Dabei fallen Erdbeeren nur in eine Semidormanz, wachsen also stark vermindert weiter. Eine Rückkehr zu vollem Wuchspotenzial ist erst nach mehreren Wochen (800-1.500 Kälteeinheiten) bei Temperaturen von ca. -2 bis 8 °C oder durch Einwirkung von Langtagesbedingungen möglich. Letzteres kann in Gewächshauskulturen durch den Einsatz von Störlichtern (Unterbrechung der Dunkelphasen) erreicht werden. Ist dies nicht der Fall können verkürzte Blüten- und Blattstiele, verringerte Blattfläche, verkümmerte Blüten und geringere Fruchtqualität und Ertrag auftreten. Dabei gibt es für vegetatives (>1229 h) und generatives (808-929 h) Wachstum unterschiedliche Optimalwerte zum Erreichen des Kältebedürfnisses. Beim Anbau im Tunnel sollte darauf geachtet werden, diesen nicht vor Ende Dezember zu schließen, sondern eher bis Mitte/Ende Januar zu warten. Im Gewächshaus beginnt die Kultur bereits Mitte Dezember/Anfang Januar. Daher ist unter Umständen das Kältebedürfnis nicht erfüllt. Hier kann mit Störlicht in bis zu 35 Nächten ausgeglichen werden. Für Erdbeerpflanzen aus der Kühllagerung bei 0-2 °C werden ungefähr 720 Kälteeinheiten im Monat verrechnet. Der Klimawandel wird den Anbau von Beerenobst beeinflussen. Das ist in manchen Jahren bereits jetzt der Fall.

Jürgen Schulze von der UBIGA GmbH vervollständigte die Veranstaltung mit seiner Betrachtung der Gartenbaubranche unter sich ändernden Rahmenbedingungen. Unter anderem ging er auf die Erhöhung des Mindestlohns und die gestiegenen Ansprüche der Saisonarbeiter ein.

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