Obst anbauen in Zeiten des Klimawandels – Welche Zukunft hat unser Obst? LAGA Beelitz

Die klimatischen Bedingungen sind im Wandel, mit unmittelbaren Folgen für den Obstanbau. Milde Temperaturen in Kombination mit Spätfrösten fügen den verfrühten Austrieben Schäden zu. Extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Hagel oder Hitze und Dürren machen Bäumen und Früchten zusätzlich zu schaffen. Heimische Schädlinge und invasive Arten können dadurch vermehrt auftreten.

Passend zum Start der Apfelsaison hat das Brandenburger Netzwerk für Klimaanpassung im Obstbau (branko) zu diesem Thema den vorletzte ZUKUNFTGARTENBAU TALK am 11. September in Beelitz ausgerichtet. Auf der Tribüne an der Sommerküche sprachen Dr. Antje Balasus, Wissenschaftliche Leiterin im Ökologischen Obstanbau der Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau und Arboristik e.V. (LVGA) und Simon Hoflatscher, Geschäftsführer der BB Brandenburger Obst GmbH mit Hauptsitz im Apfeldorf Wesendahl. Moderiert wurde der TALK von Mario Schmidt, der direkt mit der Frage einstieg, welche Bedeutung Obst für die Podiumsgäste hätte. Hier betonte Antje Balasus, dass Obst förderlich für die Artenvielfalt wäre. Wer regionales und saisonales Obst anstelle von importiertem Obst isst schont damit gleichzeitig die Umwelt. Äpfel und Birnen hat sie von der Versuchsanbaustation Müncheberg mitgebracht. Diese bietet sie dem Publikum gleich zum Essen und Mitnehmen an. Das Publikum lässt sich nicht zwei Mal bitten und langt gut zu. Für Simon Hoflatscher bedeutet Obst saisonale Frische als Bestandteil der Ernährung. Dies fängt im Frühjahr mit Erdbeeren an und schließt mit den Äpfeln im Herbst ab.

Zunächst dreht sich das Gespräch um die Arbeit der Obstbauversuchsstation (OBVS) Müncheberg. Diese möchte die Obstbetriebe dabei unterstützen auch noch in der Zukunft erfolgreich Obst anzubauen. Hierzu hat sie zahlreiche Testfelder. So ist Hagelschaden bei Früchten ein Problem. Hagelnetze könnten hier Abhilfe schaffen. Die OBVS testet, ob das Anbringen dieser Netze den gewünschten Zweck erfüllt und dabei wirtschaftlich ist. Um sicherzustellen, dass die für den Obstanbau relevanten Themenfelder adressiert werden, hat die OBVS einen Fachbeirat. In diesem sind auch Obstbetriebe vertreten. Angesprochen auf die Probleme mit denen Betriebe aktuell zu kämpfen haben, spricht sie den Fachkräftemangel an. Hier hätten aber große Unternehmen den Vorteil, dass sie Ihren Betrieb mechanisieren könnten. So gleichen sie den Mangel an Mitarbeitenden aus. Für kleinere Betriebe ist dies schwieriger. Zusätzlich sind steigende Energiepreise und der steigende Mindestlohn eine große Herausforderung. Alle hätten aber bedingt durch den strahlenreichen und heißen Sommer mit Sonnenbränden an den Früchten zu kämpfen. Allgemein würden Wetterextreme, wie Spätfröste oder Stürme zunehmen. Es gibt aber keine Standartantworten mehr. Hier müssen die Menschen umdenken. Individuallösungen, die nach Standort variieren sind gefragt. Verbraucherinnen und Verbraucher müssten sich auch anpassen: Früchte müssen nicht immer optisch perfekt sein. Sie sollten regional Einkaufen und mehr auf den Geschmack achten. Dies würde im Supermarkt verloren gehen. Handelsketten im Gegenzug sollten mehr regionale Produkte priorisieren. Das würde beinhalten, dass in der heimischen Saison das frisches und regionales Obst bevorzugt wird.

Auf die Frage eines Zuhörers, welche Apfelsorte sich gut im privaten Garten bei jeder Witterung anbauen lässt, antwortet Antje Balasus, dass es auf die Weiterverarbeitung des Apfels ankommt. Zuerst sollte sich gefragt werden, möchte ich den Apfel einlagern, zu Apfelmuss oder Saft weiterverarbeiten, will ich den Apfel einfach so essen oder eher backen? Abseits davon wären aber der Boskoop, Pinova oder Gravensteiner robuste Apfelsorten. Eigentlich wolle sie nicht so konkret werden, da eine Vielfalt an Sorten in den Gärten bestehen bleiben solle. Sie schlägt vor in Müncheberg zur Selbstpflücke vorbeizuschauen und sich durchzuprobieren. Wurde ein Lieblingsapfel gefunden, kann zum Winter hin ein Reiser bei der OBVS bestellt werden. Dieser wird in der Baumschule des Vertrauens veredelt.

Simon Hoflatscher wiederum, auf die sich veränderten Anbaubedingungen angesprochen, betont die Notwendigkeit der Bewässerung. So hätten sie das Glück, dass ihr Betrieb komplett mit Tröpfchenbewässerung angelegt ist. Wasser ist durch eigenen Brunnen ausreichend vorhanden. So sind sie in Dürrejahren gut aufgestellt. Auf die Frage eines Zuhörers präzisiert er das Bewässerungssystem. Zunächst läuft das Brunnenwasser durch ein Kiesfilter, da das Bewässerungssystem sehr sensibel ist. Aus diesem Grund muss das Wasser sehr rein sein. Danach wird es in dünne Rohre verteilt. Über Drähte, die in 50 cm Höhe angebracht sind, werden die Baumreihe dann punktgenau bewässert. Die Bewässerung ist nicht ohne Grund etwas höher angebracht.  Die Wurzeln wachsen Richtung Wasser. Ist die Bewässerung zu niedrig angebracht ranken die Wurzeln ins System. Die Bewässerung ist über eine Zeituhr automatisiert. Wie wird nun die Bewässerung ausgerichtet? Bei der BB-Obst werden die gepflanzten Bäume gleich von Beginn an im Strang bewässert. Das haben die Bäume verinnerlicht beziehungsweise gelernt und richten danach ihren Wurzelwuchs aus. Sie werden also darauf trainiert. Sollte allerdings die Bewässerung ausfallen, sind diese Bäume anfälliger für Trockenstress. Der Zuhörer folgert daraus, dass er bei seinem „alten“, „frei“ gewachsenem Baum demzufolge auf eine Ringbewässerung zurückgegriffen sollte.

Simon Hoflatscher kommt auch auf die zuvor von Antje Balasus aufgeworfenen Hagelnetze zu sprechen. Diese könnten natürlich auch einen Sonnenschutz darstellen. Der Effekt wäre ohne Frage bei viel Sonne positiv, in weniger Sonnenreichen Jahren wäre dieser jedoch eher negativ anzusehen. Ein Hagelnetz macht aber für einen Obstbetrieb immer Sinn, um Hagelschaden entgegenzuwirken. Allein für den Sonnenschutz wird es aber nicht installiert. Die klimatischen Bedingungen machen aktuell einen Schutz vor Spätfrösten immer notwendiger. Dies könnte durch eine Beregnung von oben erfolgen. Das Wasser wird zu Eis, welches sich um die Baumblüte bildet. Diese Eisschicht schützt die Blüte vor dem eisigen Frost. Allerdings wird sehr viel Wasser benötig und das gibt das bestehende System nicht her. Es braucht erweiterte Wasserspeicher. Ein an der Oberfläche angelegtes Becken birgt das Problem der Verdunstung. Allgemein erfordert dieses Vorhaben hohe Investitionen, die schwer zu stemmen sind. Gleichzeitig sind sie überlebenswichtig für den Obstbetrieb, um eine gute Ernte zu garantieren. Auch kommt Hoflatscher auf den betriebswirtschaftlichen Aspekt zu sprechen. So sei es schon herausfordernd mit der A-Ware gewinnbringend zu arbeiten. Bei allen Qualitätsstufen darunter gelte es den Schaden zu begrenzen. Also die Produktionskosten wieder zu erwirtschaften.

Kurz wird auch auf die Kirschessigfliege eingegangen. Diese kommt unter anderem bei Erdbeeren, Kirschen und weiteren Beeren vor. Für Privatgärten erläutert Antje Balasus die Möglichkeit, die Bäume und Sträucher mit Netzen zu versehen. Die Bäume sollten regelmäßig untersucht werden und befallene Früchte sind zu entfernen. Auf die Frage wie die BB-Obst mit der Kirschessigfliege umgehe, erläutert Simon Huflatscher, dass die Kirschessigfliege gerade nicht prioritär in seinem Betrieb behandelt wird. Die Kirsche ist nicht Hauptobst der BB-Obst. Gegen sie setzt die BB-Obst Pflanzenschutz ein. Eine andere Möglichkeit ist, die Bäume einzunetzen.  

Der Klimawandel ermöglicht den Anbau neuer Obstsorten. So hat die BB-Obst dieses Jahr Wassermelonen auf einem Testfeld in Sachsen angebaut. Eine Zuhörerin ergänzt, dass in Brandenburg ein Bauer bei Beelitz Melonen angebaut hätte. Diese hätten geschmacklich in keiner Weise den im Süden angebauten nachgestanden.

Als abschließenden Impuls gibt Antje Balasus den Zuschauerinnen und Zuschauern folgenden Hinweis mit auf den Weg: Für die Zukunft sollte sich jeder oder jede einen Apfelbaum, dessen Sorte für erhaltenswert befunden wird in den Garten pflanzen. Simon Hoflatscher betont, dass eine lokale/regionale Obstproduktion elementar sei. Konsumentinnen und Konsumenten sollten regional und saisonal kaufen und auf importierte Ware verzichten.  

 

Der Zukunftsgartenbau Talk fand im Rahmen von ZukunftGARTENBAU statt – einem Projekt des Gartenbauverbands Berlin-Brandenburg e.V.