Am 17.08.2022 fand das Seminar Geschützter Anbau an der OBVS Müncheberg statt. Jakob Kunzelmann eröffnete das Seminar mit der Vorstellung des Projektes und zeigte zukünftige Klimaveränderungen mit Fokus auf Extremwetterereignisse und geschütztem Anbau.
Der Einfluss von Hecken auf Wind und Mikroklima – Dr. Roger Funk (ZALF)
Im Anschluss stellte Dr. Roger Funk vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V. das Projekt „Einfluss von Hecken auf Wind und Mikroklima“ vor. Im Verbund mit dem CEBra ‒ Centrum für Energietechnologie Brandenburg e.V. wurden auf dem Gelände der OBVS Landschaftselemente wie Hecken, Sträucher und Bäume, mittels Laser-Scan erfasst. Die Daten wurden mit den Daten von mehreren meteorologischen Stationen abgeglichen. Insbesondere die Parameter Wind und Strahlung standen im Fokus. Anschließend wurden digitale Modelle erstellt, um Wassersparpotential abzuleiten und zu bewerten. Vorläufiges Fazit: Elementarer Einflussfaktor bei einer Windschutzbepflanzung ist die Höhe. Unmittelbar nach einer Schutzpflanzung (5-facher Abstand zur Höhe) liegt die Potentielle Evapotranspiration (PET) bei nur 86 %. Dies entspricht einer verminderten Verdunstung von 118 mm/Jahr (Mittelwert der Jahre 1991 – 2021, Standort Müncheberg). Die PET nimmt mit zunehmender Entfernung zum Schutzelement zu. Die Schutzpflanzung hat aber bis zum Abstand vom 25-fachen der Höhe einen merklichen Effekt. Dieser ist besonders ausgeprägt in Trockenjahren.
Agri-Photovoltaik im Obstbau – Jürgen Zimmer (DLR RLP)
Nach einer kurzen Kaffeepause wurde Jürgen Zimmer, vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinland-Pfalz, zu dem Thema Agri-Photovoltaik im Obstbau online zugeschaltet. Er berichtete über den Aufbau und die Inbetriebnahme der ersten Agri-Photovoltaik-Anlage im Apfelanbau in Deutschland, auf dem Bio-Betrieb Nachtwey in Gelsdorf (RLP). Im Fokus steht die Erzeugung von Äpfeln bei guter Qualität, danach kommt die Stromerzeugung. Seit letztem Jahr im Frühjahr wurden die Sorten Deljonca, Delbar, Gala, Elstar, Red Topaz, Pinova, Natyra und Braeburn in sechs Varianten aufgepflanzt. Um die Erzeugnisse der Agri-PV Anlage mit herkömmlichen Anlage zu vergleichen, wurden auf der Anlage jeweils eine Variante mit Hagelnetz und Folienüberdeckung anstatt einer PV-Überdachung installiert. Drei weitere Varianten wurden mit Agri-PV Anlagen versehen. Hier kamen zwei verschiedenen Varianten von Solarpanelen (Zebra- und Lochdesign) zum Einsatz. Bei den Anlagen mit Lochpanelen wurde die eine Variante mit einem Nachführsystem versehen. Die erste Erfahrung die sie gemacht hätten so Zimmer sei, dass bei der Aufständerung der Solarmodule der Boden sehr stark verdichtet wurde. Dieser müsste anschließend gelockert werden. Allgemein wäre die Anlage aber auch sehr massiv gebaut worden, hier gäbe es schon bessere Lösungen. Alternierende Blühstreifen in der Reihe sorgen für mehr Biodiversität und reduzieren die Ausgleichszahlungen als Kompensation für die Errichtung der PV-Anlage. Zusätzlich wird unter anderem ein E-Traktor zur Bewirtschaftung der Anlage eingesetzt.
Die Agri-PV wird als innovative Möglichkeit zum Kulturschutz gehandelt. In der Theorie kann sie einen effektiven Regen- und Hagelschutz darstellen sowie Schorfbefall reduzieren. Durch eine 25 prozentige Reduktion des Lichteinfalls, was in etwa einem Hagelnetz entspricht, kann sie die Bäume vor extremer Sonneneinstrahlung sowie Sonnenbrand schützen. Der Realitätscheck erfolgt nun im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekt, dass den Einfluss der PV-Anlage auf die Obstproduktion untersucht. Zwar steht das auf fünf Jahre angelegte Projekt erst in seinen Anfängen, jedoch hat ein Hagelereignis im Mai 2022 gezeigt, dass die Schutzwirkung der Solarmodule nicht ausreichend ist. Rund 60 Prozent der Früchte wurde geschädigt (87 % im Freiland). Allerdings befinden sich die Obstbäume noch im Wachstum und es sei gut möglich, dass sich Hagelschäden bei größeren Bäumen reduzieren könnten. Die nächsten Projektjahre werden hierzu validere Erkenntnisse liefern. Ein enormes Potenzial liegt auch darin, dass während Hagelnetze und Folien im Schnitt nach 8 – 10 Jahre erneuert werden müssen, die Haltbarkeit von PV-Modulen bei mindestens 30 Jahren liegt. Herr Zimmer schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis ab, dass Agri-PV in Obstanlagen ein hohes Potenzial mitbringt jedoch noch ganz am Anfang steht. Es sind noch wenige Erkenntnisse gesichert. Zudem wäre von Gesetzgeberseite noch einiges zu klären.
Folienüberdachungssysteme im Obstbau – Rainer Weiss (VOEN)
An das Thema Agri-PV konnte Rainer Weiss von der Firma VOEN Vöhringer GmbH & Co. KG anknüpfen. Das Problem des unzureichenden Hagelschutzes gab es auch an einer Agri-PV-Anlage am Bodensee, die dieses Jahr im Juni fertiggestellt wurde. Geplant war zuerst, die Lücken zwischen den Modulen mit einem Hagelnetz auszustatten. Da die Bäume bei Regenereignissen nicht ausreichend geschützt waren wurden stattdessen schmale Folien eingesetzt.
Im Anschluss stellte Herr Weiss sein eigentliches Thema, Folienüberdachungssysteme vor. Der Freilandanbau von Steinfrüchten und Beeren, vor allem bei Kirschen hat bekanntlich einige Probleme wie Schädlingen und Krankheiten oder geplatzte Früchte. Hohe Ansprüche an Qualität und Verfügbarkeit legen den Kulturschutz nahe. Die Folienstreifen aus HDPE werden auf ein Trägernetz, wahlweise Insekten- oder Hagelnetz, aufgenäht. Die Streifen können sich im Wind bewegen und sorgen so für eine ständige, automatische Durchlüftung. Bei Niederschlag werden die Streifen nach unten gedrückt und sorgen so für einen Ablauf in die Traufe und die darunterliegende Fahrgasse. Es empfiehlt sich einen Aufbau mit Vorgewende zu planen, um die Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Ein Vergleich des VOEN Foliensystems mit einem hochautomatisierten System aus Kanada, der Michigan State University zeigt, dass komplexere Systeme nicht immer besser sein müssen. Über die Sommermonate sind unter Folie eine geringere Maximaltemperatur und eine höhere Minimaltemperatur als im Freiland gegeben. Die Ernte ist unter Folie um ca. 6 Tage verzögert, was in der Planung zu berücksichtigen ist.
Bei einem Imbiss vom Grill wurde über die Vorträge diskutiert. Mit einer kleinen Gruppe wurden im Anschluss noch einige Anlagen der OBVS besichtigt und der Versuchsaufbau von Dr. Roger Funk begutachtet.