Dauerkulturen im Freiland werden auch weiterhin mit Tiefsttemperaturen unter -20 °C zurechtkommen müssen. Die Möglichkeiten zum Schutz der Kulturen sind begrenzt. Weißanstriche der Stämme gegen Rindenrisse oder das kultivieren auf eigener Wurzel (unveredelt) können bedingt helfen. Trotz milderer Winter ist auch die Spätfrostgefahr weiterhin vorhanden. Durch die immer früheren Blühtermine, steigt das Risiko von Spätfrostschäden sogar an. Bei Walnuss, Weintrauben und Kiwibeeren sterben frostempfindliche Triebe ab und es werden neue Triebe aus schlafenden Knospen oder Beiknospen austreiben. Am gefährlichsten ist Frost in Kombination mit Wind über 10 km/h, weil Frostschutzmaßnahmen dann wirkungslos sind. Diese Frostereignisse mehren sich in den letzten Jahren. Ein Beispiel, wie einflussreich verschiedene Frostarten sind ist die Aprikosensorte ‚Vertige‘, welche gegen Strahlungsfrost robust ist, aber mindestens durchschnittlich anfällig für Windfrost ist. Bei Windfrost kann eine Windschutzanlage (z.B. Hecke) in Nord-Ost-Lage hilfreich sein. Bei Strahlungsfrost spielt der Standort, bzw. das Geländerelief eine Rolle. So sind Hanglagen oft besser für Obstanlagen als flache Lagen, da die Kaltluft hier abfließen kann. Die Frostempfindlichkeit der Blüten nimmt generell mit der Entwicklung zu und erreicht ihren Höhepunkt, kurz nach Blühende. Das ist allerdings auch sortenabhängig. Z.B. die Aprikosensorte ‚Goldrich‘ ist bis zur Blüte sehr spätfrostempfindlich, nach der Blüte hingegen nur noch durchschnittlich empfindlich. Die Unterlage hat ebenfalls einen Einfluss auf den Blühbeginn. Es wird die Pflanzung spätblühender Sorten in späten Hanglagen empfohlen. Laut Dr. Wurm ist diese Art der natürliche Blühverzögerung künftig unverzichtbar, was natürlich gewisse Sorten und Lagen ausschließt. Bei der Sortenwahl ist vor allem auf die genetische Widerstandsfähigkeit, die Fruchtbarkeit und die Blühzeit zu achten. Normalerweise werden spätblühende, fruchtbare Sorten weniger geschädigt. Bei der Blühzeit gibt es allerdings Ausnahmen. Die frühblühende Aprikose ‚Pricia‘ ist sehr widerstandsfähig, die mittelspät blühende ‚Kordia‘ ist hingegen sehr anfällig und friert oft schon in der Knospe ab. ‚Jonagold‘ und andere triploide Sorten sind eher Spätfrostempfindlich. Die Fruchtbarkeit ist sehr Sortenabhängig und hängt von der Blütenzahl pro Fruchttrieb, der Fruchttrieblänge, der Alternanzempfindlichkeit, den Verhältnissen der Befruchtung, dem Fruchtansatzverhalten und der Fruchtfallneigung ab. So setzen Massenträgersorten (z.B. ‚Kioto‘, ‚Cacaks Fruchtbare‘) mehr Blütenknospen an als z.B. ‚Ungarische Beste‘ oder ‚Hauszwetsche‘ an. Wenn bei diesen Sorten kein Frost aufgetreten ist, muss stark ausgedünnt werden (bei Aprikosen kann mit Eclairevale- oder Ericius-Geräten gearbeitet werden). ‚Koolgat‘ oder ‚Techlovan‘ blühen zwar stark haben aber weniger Fruchtansatz. Während ‚Elstar‘ stark alterniert ist das bei ‚Pinova‘ kaum der Fall. Selbstfuchtende Sorten sind vorteilhaft. ‚Goldrich‘ und auch viele Süßkirschen setzten viele Früchte an, haben aber einen ausgeprägten Fruchtfall. Erstrebenswert sind gut gepflegte, physiologisch ausgeglichene Obstbäume. Das kann zwar nicht die Frostschutzmaßnahmen ersetzen, führt aber generell zu weniger Knospenschäden und höherer Blütenzahl pro Fruchttrieb.
Quelle: Wurm, L. (2021). Die Spätfrostgefahr im Obstbau nimmt zu. Obstbau: Das Fachmagazin. 03/2021. 171-176.
Jahr: 2021
Land: Österreich
Kultur: Aprikose; Apfel; Kirsche; Zwetsche; Walnuss; Weintrauben; Kiwibeeren
Sorte: Vertige; Goldrich; Pricia; Jonagold; Kioto; Cacaks Fruchtbare; Koolgat; Elstar; Pinova